Die Tigerin : Eine absonderliche Liebesgeschichte by Walter Serner
Autor:Walter Serner [Serner, Walter]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
ISBN: 3921499380
Herausgeber: dtv
veröffentlicht: 1985-12-31T23:00:00+00:00
X
Nachmittags wartete Laugier abermals vergeblich auf dem Quai. Zwei Stunden.
Hierauf begab er sich, sehr aufgeregt, ins Hotel Ruhl, wo Fec, einer spontanen Eingebung folgend, ihm völlig auÃer sich mitteilte, Bichette habe soeben aus Monte Carlo telefoniert, daà Flinsparker sie im Auto entführt habe, sie sei verzweifelt â¦
Laugier knirschte. Und er zitterte, als er vernahm, Bichette habe ihn grüÃen lassen und die Befürchtung ausgesprochen, Flinsparkers Ziel könne Amerika sein.
»Auf!« schrie Laugier mit bebenden Lippen.
Fec raufte sich die Haare. »Und das gerade jetzt! Aber es ist immer so. Immer. Ah â¦Â«
»Aber was denn nur,« geiferte Laugier.
»Eh ben, ich habe noch zehn Francs. Seit zwei Tagen warte ich auf die Ãberweisung.«
»Voila.« Laugier warf sein Portefeuille auf den Tisch. »Dreitausend Francs! Etwas mehr noch. Holen Sie Madame! Sofort! Und kommen Sie sogleich zurück! Wenn Sie noch Geld brauchen, telefonieren Sie!«
»Aber â¦Â« Fec zögerte vor Ãberraschung.
»Ja, was denn noch!« Laugiers heiser gewordene Stimme überschlug sich. »Warum zaudern Sie? Wie können Sie überhaupt noch überlegen? Mensch! Punschoff!«
Fec riÃ, den Kopf abgewandt, an seinen Fingern: er erachtete es für ratsam, es Laugier schwer zu machen.
»Mon cher baron.« Laugier schob ihm jovial den Arm um die Schultern. »Eine unglückliche vergewaltigte Frau ruft um Hilfe. Ich würde nicht anders handeln, wenn es eine andere wäre. Und ⦠und sind Sie nicht mein Freund?«
Fec kniff die Augen fest zusammen und schüttelte Laugier kräftig die Hände.
»Ich war heute vormittag dreimal hier.« Laugier nahm, taktvoll ablenkend, seinen Hut vom Stuhl. »Ich wollte Sie warnen. Vor Flinsparker. âºMorgen habe ich die wilde Katze!â¹ Das hat er öffentlich geäuÃert. Auch vor Watt-Wayler wollte ich Sie warnen. Er rast vor Wut. Ich verspreche Ihnen, ihn nicht aus den Augen zu lassen. Ich werde ⦠Halt, vielleicht wäre es am besten, wenn ich Sie begleite â¦Â«
Fec hob beschwörend die Hände. »Bedenken Sie doch â¦Â«
Laugier, der ebenso wenig wie Fec wuÃte, was es da zu bedenken gab, war es jedoch sofort zufrieden. »Ah, naturellement ⦠alors bonne chance, mon cher baron.«
Fec schüttelte ihm nochmals die Hand.
*
Nach fünf Kilometern hieà Fec den Chauffeur kehrtmachen, fuhr ins Hotel zurück und lieà die bis auf Kleinigkeiten bereits gepackten Koffer zum Bahnhof bringen.
Abends war er in Monte Carlo, stieg im Hotel de Paris ab und schrieb (das vereinbarte Zeichen für seine Ankunft) die Nummer seines Zimmers mit roter Kreide in die Ecke der Tür von Flinsparkers Appartement.
Um zehn ein halb erschien Bichette, gänzlich unerwartet, bei Fec, flog an seinen Hals und jauchzte gedämpft: »Fec, Fec, alles klappt! Alles klappt!«
»Welche Unvorsichtigkeit!« Fec hatte Mühe, sie zu beschwichtigen.
»Bah! Das ist eben der Elan!«
»Aber ich will hoffen â der letzte.«
Bichette hing sich zärtlich an seine Schultern. »Und wohin â nachher?«
»Florenz.«
»Richissimo!« Nach einem KuÃ, der etwa zwei Minuten währte, lief Bichette, sich schnell losreiÃend, zur Tür. Plötzlich aber hielt sie, die Klinke in der Hand, inne, sah Fec sekundenlang durchdringend an und senkte dann den Kopf.
Fec, unklar unwillig und auch ein wenig ratlos, blickte weg. Als er wieder hinsah, war Bichette verschwunden.
*
Fec begab sich zu Bett, konnte jedoch nicht einschlafen. Tausenderlei wogte ihm durch den Kopf.
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